30 Jahre Verein

Wir porträtieren an dieser Stelle Frauen, die den Verein gegründet, geprägt und über viele Jahre getragen haben. Wir danken Astrid Peter (Ehrenamtliche Unterstützerin des Vereins) für die wertschätzenden Interviews mit den sechs Frauen, aus denen sie die Porträts zusammengestellt hat.
(März 2016)


„Wir haben mit fünf bis sieben Frauen begonnen und rückblickend sehe ich, wieviel man bewirken kann.“

Conny,
Gründungsfrau und Frau der ersten Stunde, arbeitet seit vielen Jahren hauptamtlich im Frauenhaus Bergisch Gladbach.

Conny war 27 Jahre alt und am Ende ihres Studiums angekommen. In einem Projekt hatte sie sich mit dem Thema der Gewalt gegen Frauen auseinandergesetzt, Gruppen für alleinerziehende Frauen angeboten und ihre Diplomarbeit darüber geschrieben. Damit war die Entscheidung, in der Zukunft Frauenarbeit leisten zu wollen, gefallen. Kontakte zu Frauen im eigenen Umfeld waren dabei wichtig und anregend gewesen.

Da es zu dem Zeitpunkt kein spezifisches Angebot für Frauen in Bergisch Gladbach gab, wurde die Idee geboren, ein Kommunikationszentrum mit einem Café einzurichten, in dem sich Frauen auch mit kleinen Kindern treffen konnten.

Das, was heute so selbstverständlich daherkommt - ein Treffpunkt für Frauen - war vor 30 Jahren tatsächlich etwas Neues und Besonderes. Frauen als Mütter von kleinen Kindern bewegten sich damals eher in privaten Wohnungen oder auf Spielplätzen. Ein öffentlicher Ort ausschließlich für Frauen - und der Name des Zentrums war verheißungsvoll: HEXENKESSEL!

Hier trafen sich Frauen, die ihr Wissen mit anderen Frauen austauschen wollten, die sich anregten und herausgefordert haben zu Fragen weiblicher Lebensentwürfe, zu Rollenbildern, Körpererfahrung und Gesundheit.

Conny gehörte auch zu den ersten drei Frauen, die eine hauptamtliche und damit bezahlte Stelle im Kommunikationszentrum besetzt haben. Nach der Geburt ihrer Tochter und dem Erziehungsurlaub nahm sie eine Stelle in der ersten Schutzwohnung für Frauen des Vereins an, die inzwischen eingerichtet worden war. Bis heute ist sie eine der sehr erfahrenen Mitarbeiterinnen im Team des Frauenhauses, das im Juli 1992 eröffnet wurde.

Wichtig war für Conny immer, Frauen zusammen zu bringen und einen Austausch anzuregen. Hintergrund dafür war das Erkennen gesellschaftlicher Probleme von Frauen, und die Verbindung von Theorie und Praxis im Studium in Köln war dabei positiv, anregend und unterstützend.

Was sie rückblickend positiv hervorhebt, ist die organisatorische Entwicklung des Vereins. Angefangen mit einem Kommunikationszentrum für Frauen, entwickelte sich dieses in eine Frauenberatungsstelle, aus der Frauenberatung entstand ein Schutzangebot für Frauen in Krisenzeiten und später richteten sich weitere Beratungsangebote an Mädchen. All diese Entwicklungen bezogen sich unmittelbar aus den Lebenslagen von Frauen und Mädchen und ihren Themen und Bedürfnissen.

Wie hat die Arbeit in Frauenprojekten das Leben von Conny geprägt oder auch bereichert?

Frauen sind problembewusst, können Probleme benennen und sie angehen - auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene. Der Umgang damit und die vielschichtigen Erfahrungen in 30 Jahren (Berufs-)Leben waren prägend und bereichernd.

"Was wir bewirkt haben, hat mich bestärkt."

Anstrengend sind immer wieder mal die notwendigen Erklärungen zu ihrer Arbeit, vor allem dann, wenn Fragen gestellt werden wie: "Wieso seid ihr für Frauen und gegen Männer?" "Und wo gibt es ein Männerhaus? Es gibt auch Frauen, die Männer schlagen." Ja, die gibt es auch.

Conny erwartet in den nächsten zehn Jahren spannende Entwicklungen und neue Kontakte. Erweitern wird sich auch das Spektrum der Schutz suchenden Frauen. Zu Beginn waren es viele deutsche und türkische Frauen, die lange gebürtig in Deutschland leben. Inzwischen bewohnen viele Frauen das Frauenhaus, die gebürtig aus osteuropäischen und afrikanischen Ländern kommen.

Wie möchte Conny in Erinnerung bleiben?

Als ruhig, anpassungsfähig, offen, tolerant und freundlich. Das wird ihr gelingen!

Sie beschreibt eine Postkarte aus einer der zahlreichen Supervisionssitzungen, an die sie sich gerne erinnert: Eine alte, braungebrannte Frau sitzt da mit einer Zigarre in der Hand und was sie ausstrahlt ist große Zufriedenheit.

Zum Anfang...

„Diese Vereinsgeschichte ist eine Erfolgsgeschichte!“

Elisabeth Rückl
war zum Zeitpunkt der Gründung 28 Jahre alt und ist seit vielen Jahren im Vorstand des Vereins.

Sie war damals beim Caritasverbund für den Rheinisch-Bergischen Kreis im Bereich der ambulanten Betreuung psychisch Kranker tätig. Gemeinsam mit Dorothee Überberg, einer Kollegin, entwickelte sie die Idee eines spezifischen Angebots für depressive Frauen in Bergisch Gladbach. Sie waren überzeugt davon, dass depressive Frauen einen eigenen Raum und Rahmen für die Auseinandersetzung mit ihrem Leiden und andere fachliche Resonanz erhalten sollen, als vor 30 Jahren üblich.

Überzeugung und Bereitschaft waren vorhanden, die Lebenslagen von Frauen ernstzunehmen und sich für die spezifischen Anforderungen in der Arbeit mit Frauen zu qualifizieren. Vermutlich hat sich Elisabeth dabei auch in die Tradition ihrer Mutter gestellt, denn diese hatte ebenfalls in ihrem Leben einen Frauenverein gegründet!

Das neu eröffnete Kommunikationszentrum Hexenkessel wurde schnell zu einem Ort, den Frauen mit ganz unterschiedlichen Fragen nach Beratung und Unterstützung genutzt haben.

Frauen vertrauten sich Frauen an und ermutigten einander Antworten auf ihre Fragen zu finden. Das waren auch Folgen der Frauenbewegung der 70er-Jahre, die Frauen herausgefordert hatte, eigene Wege zu gehen in Bezug auf Rollenverteilung, Berufstätigkeit und Gesundheitsfragen.

"Wir wollten Frauen in Kontakt bringen, raus aus der Kleinfamilie und der Festlegung auf Haus und Erziehungsarbeit. Wir Frauen wollten unsere Kompetenzen nutzen und sinnvolle Arbeitsplätze für Frauen schaffen."

Und so entstand eine Kontakt- und Beratungsstelle, in der neben der ehrenamtlichen Arbeit von Frauen für Frauen auch hauptamtlich bezahlte Stellen eingerichtet wurden.

Sieht Elisabeth die Ziele von damals erreicht?

Unbedingt. Nicht nur, dass viele Ziele erreicht wurden, die vor 30 Jahren Impuls und Antriebskraft waren, die Frauen haben auf dem Vereinsweg auch immer wieder einmal die Richtung verändert und sich flexibel auf veränderte Bedingungen eingelassen. So wurde z.B. irgendwann das Frauenfrühstück aus dem Angebot genommen, als es nicht mehr genutzt wurde. Und nachdem auch andere Träger spezifische Kontakt- und Bildungsangebote für Frauen machten, entwickelte sich der Hexenkessel weiter zu einer Beratungsstelle von Frauen helfen Frauen.

Wie ein roter Faden zieht sich das Anliegen, einschränkende gesellschaftliche Strukturen, strukturelle Gewalt an Frauen zu benennen und die Überzeugung, dass frauenpolitische Arbeit notwendig ist und Sinn macht, durch drei Jahrzehnte der Vereinsentwicklung. Und für Elisabeth ist der 8. März, der Internationale Frauentag, insbesondere mit seinem politischen Anspruch nach wie vor wichtig und feierwürdig!

"Da waren wir anstößig und frech!"

Sie beschreibt die Anfangszeit im Verein als "politisch", und dass sie alle beteiligten Frauen als sehr verantwortungsbewusst erlebt hat. Das war für die "Christin und politisch links Engagierte" besonders wichtig und einladend. Gern erinnert sie sich daran, dass sich immer viele Frauen an den Entwicklungen und dem Wachstum des Vereins beteiligt und sich mit ihren Fähigkeiten eingebracht haben. So konnte sich die ehrenamtliche Vorstandsarbeit - auch über besondere Herausforderungen und Problemlagen in der Vereinsgeschichte - professionalisieren. Elisabeth betont, dass für die Vorstandsarbeit sowohl die Qualitätsmanagement-Prozesse in den Betrieben des Vereins als auch die in der Beratungsstelle eingerichtete Stelle einer Geschäftsführerin richtungsweisend waren.

Bei der Frage nach für sie besonders wichtigen und entscheidenden Ereignissen verbindet Elisabeth den Blick "nach außen" auf die markanten Erfolge des Vereins mit dem Blick "nach innen" auf die Kontaktqualitäten zwischen den Frauen. Die Verbindung beider Blickrichtungen könnte ein wichtiger Hinweis auf den Erfolg dises Vereins sein!

Ein ganz großer Schritt konnte getan werden, als dem Verein eine Wohnung vererbt wurde, durch deren Verkauf Geld für den Erwerb und Ausbau des Frauenhauses und damit ein Schutzort für Frauen, die körperlicher, seelischer oder auch sexualisierter Gewalt durch Partner oder Ehemänner ausgesetzt sind. (Der Verein betrieb das Frauenhaus schon seit einigen Jahren, wobei die Immobilie angemietet war.)

Bei ihrem Blick "nach innen" strahlt Elisabeth, wenn sie sich an das Fest zum 25-jährigen Bestehen des Vereins erinnert und an die vielen Vorstandssitzungen, die "für mich Freude und Energie spenden... und das haben wir uns erhalten".

Wünsche für den Verien für die nächsten zehn Jahre? Da fallen Stichworte wie "Verjüngung des Vorstands" oder auch "neue Organisationsform". Das klingt in jedem Fall nach weiteren Entwicklungen und Aufbrüchen!

Wie möchte Elisabeth in Erinnerung bleiben?

Als zuverlässig, offen, sich auf Neues einlassen können und bereit, neue Wege zu beschreiten. Und die Freude ist spürbar, wenn sie sagt: "Die Freiheit, etwas zum Blühen zu bringen und überall damit zu wirken - das ist klasse!"

Am Ende formuliert Elisabeth einen Wunsch: Noch einmal ein gemeinsames Wochenende mit den Vereinsfrauen erleben, um kreativ, freudvoll und mit heiterer Gelassenheit die nächsten Schritte in die Zukunft zu planen. Na dann!

 

Zum Anfang...

„Das, was wir da machten, hatte mit uns zu tun!“

Dorothee Ueberberg
war zum Zeitpunkt der Gründung 31 Jahre alt, später arbeitete sie hauptamtlich in der Frauenberatungsstelle und ist heute seit vielen Jahren im Vorstand des Vereins tätig.

Mit einem kleinen Pressebericht im Handelsblatt fing für Dorothee alles an. Sie las einen Aufruf zu einem Treffen von Frauen im Ratskeller. Da wollte sie unbedingt hin!

Sie war zu dem Zeitpunkt ausgebildete Kauffrau, studierte Sozialarbeit, absolvierte ihr Anerkennungsjahr beim Sozialdienst katholische Frauen (SKF) und hatte eine Tochter. Die Frage war: Wohin geht's? Beim SKF hatte sie Elisabeth Rückl kennengelernt, mit der sie inzwischen befreundet war ... und gemeinsam folgten sie vor 30 Jahren dem Aufruf in den Ratskeller!

Für Dorothee war es spannend, die eigene berufliche Zukunft mit Frauen zu planen und zu gestalten. Mit der Eröffnung des Hexenkessels als Kommunikationszentrum für Frauen gab es für sie die Möglichkeit dort ehrenamtlich tätig zu sein und das Zentrum für sich selbst als Mutter für den Austausch mit anderen Frauen zu nutzen.

1985 reagierten Frauen und Männer aus dem eigenen Umfeld eher mit Befremden: dass Frauen etwas mit Frauen machen war ungewöhnlich, wurde als seltsam, vielleicht auch als bedrohlich erlebt und warf skeptische Fragen auf.

Das Kommunikationszentrum bestand zu Anfang aus "Offenen Abenden", Frühstücks-Treffen und "Offenen Sprechzeiten". Dann sollte es mehr sein und ein Programm wurde entwickelt. Als Renner erwies sich ein Vortragsabend zur "Mutter-Tochter-Beziehung". Referentin war Elisa Brökling, Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle in Köln.

Töchter kamen mit ihren Müttern. Viele Töchter nutzten die Diskussionszeit nach den Vorträgen und sprachen offen über ihre Konflikte mit ihren Müttern. Das war eine überraschende Resonanz für die Frauen des Zentrums! Und ganz allmählich wuchsen die individuellen Erfahrungen in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang und zu strukturellen Erkenntnissen.

Auf die Frage, ob das Thema auch heute noch aktuelle und attraktiv sei, antwortet Dorothee mit einem klaren "Ja!".

Viele weitere Themen aus dem Lebensalltag von Frauen wurden zu öffentlichen Themen zahlreicher Bildungsveranstaltungen, wie z. B. Scheidung, Sexualität, Trennung/Isolation. Sexueller Missbrauch, Frauen nach der Kinderphase/Isolation.

"Wir haben viele Steine ins Rollen gebracht!"

Später haben dann auch andere Bildungsträger wie die Familienbildungsstätte und die AWO diese und ähnliche Themen als Angebote für Frauen in ihre Programme aufgenommen.

Dorothee blickt zufrieden zurück und stellt fest: "Die Anfangsziele haben wir erreicht ... und einige mehr."

Sie selbst hat neun Jahre in der Frauenberatungsstelle gearbeitet und dort mit Birgit Lernbecher und anderen die Beratungsstelle inhaltlich, konzeptionell und organisatorisch aufgebaut und entwickelt.

Auf die Frage, ob sie auch dort etwas gefunden hat, ohne es zu suchen, antwortet Dorothee spontan und überzeugend: "Ja. Feste Freundinnen und Weggefährtinnen!"

Für sich selbst hat sie eine berufliche Perspektive gefunden und die Erfahrung gewonnen, dass "ich als Frau Wert habe". Und diese Erkenntnis hatte sowohl eine persönliche Dimension als auch eine politische, sie war anregend, lebendig, herausfordernd und hat jede weiter gebracht.

Besonders wichtige Ereignisse in den 30 Jahren Vereinsgeschichte waren die Landesförderung als Beratungsstelle und die Einrichtung eines Frauenhauses. Und so waren auch die finanziellen Grundsteine gelegt, um einen guten Rahmen zu schaffen für die inhaltliche Arbeit mit Frauen an Themen von Frauen.

Dorothee hält inne bei einem anderen wichtigen Thema: wie setzen sich Frauen auf kritische Weise mit-einander aus-einander? Wie ist es Frauenteams möglich, einen respektvollen Umgang zu pflegen, der die Äußerung fachlicher Kritik zulässt und Grenzen in einer gemeinsamen Entwicklung offen legt?

Immer noch aktuelle und spannende Fragen im beruflichen und auch persönlichen Kontakt zwischen Frauen!

Dorothees Wünsche für die nächsten 10 Jahre?

Die Mädchenberatungsstelle erhält eine Landesförderung mit fest angestellten Mitarbeiterinnen. Der in dem Zeitraum anstehende Personalwechsel in der Geschäftsführung möge gelingen - und jüngere Frauen, die an der Vereinsarbeit interessiert sind, sichern den Bestand und die weitere Entwicklung!

Wie möchte Dorothee in Erinnerung bleiben?

Als eine, die gekämpft und sich für den Verein eingesetzt hat - das möge gesehen und anerkannt werden. Und als eine, die Dinge offen angesprochen hat, die viel Freude an der Vereinsarbeit hatte ... und die genießen konnte.

Zwei Ideen treiben Dorothee am Ende des Gesprächs um:

Gern würde sie noch einmal ein gemeinsames Wochenende mit den Vereinsfrauen verbringen, um die weitere Entwicklung des Vereins mit neuen Ideen anzuregen und zu planen mit Zeit, Kreativität und Muße - sinnfroh und genussvoll.

Und ein weiterer Mütter-Töchter-Themenabend liegt in der Luft, gut vorstellbar als Dialog zwischen den Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle und der Mädchenberatung. Was für ein spannendes Projekt!

Zum Anfang...

„Mir ging es immer um die Wertschätzung der jeweils eigenen Lebensgestaltung von Frauen.“

Birgit Lernbecher
war zum Zeitpunkt der Gründung im Anerkennungsjahr im Jugendamt und hatte Sozialpädagogik studiert.

Beim Kinderturnen hat sie Beate Bohr kennengelernt, und mit ihr den Verein. Birgit gehörte zu den drei ersten hauptamtlichen Mitarbeiterinnen, die am 1.1.1986 als sogenannte ABM-Stellen durch das Arbeitsamt gefördert wurden. Heute ist sie Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle.

Gern wollte sie beruflich in die Beratungsarbeit mit Frauen einsteigen. Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - dieser Begriff sollte hier noch etwas anders nachklingen. Denn die vorhandene Arbeit wurde ja nicht beschafft, sondern vorhandene Arbeitsanforderungen sollten inhaltlich sichtbar gemacht und finanziell gefördert werden.

Worum ging es damals? Um nicht weniger als um die Verbesserung gesellschaftlicher Strukturen. Es ging Birgit darum, etwas gegen die Ungerechtigkeit der Annahme zu tun, dass Frauen nicht das können, was Männer können.

Und das Thema der "Gewalt an Frauen" war nicht erst ein Thema in ihrem Studium. Bereits als Kind hatte sie Gewalt an Frauen in ihrer Nachbarschaft beobachtet und miterlebt.

Birgit verweist darauf, dass Ungerechtigkeit und Gewalt auch heute noch herrschen. Jedoch sind in den letzten drei Jahrzehnten wichtige Mosaiksteine entstanden, konkrete Angebote für Frauen im Rheinisch-Bergischen Kreis, Frauennetzwerke im Paritätischen Wohlfahrtsverband, das Gewaltschutzgesetz, um nur einige zu nennen.

Die Angebote der Frauenberatungsstelle und der Sinn dieser Arbeit sind präsent - in Bergisch Gladbach und anderswo. Und auch die Finanzierung ist ein Erfolg. Während früher jährlich an das Land Anträge gestellt werden mussten, gibt es aktuell einen Haushaltsplan für vier Jahre, über den Zeitraum von 2015 bis 2018.

Hat Birgit etwas gefunden, was sie nicht gesucht hat?

Sie hat Fähigkeiten entwickelt und Interessen ausgemacht, die ihr zuvor nicht so bewusst waren. Und damit hat sie neue Arbeitsbereiche für sich entdeckt wie Geschäftsführung, Öffentlichkeitsarbeit, Personalführung und Projektmanagement.

"Wir waren flexibel und offen für Entwicklungen."

Offenheit für Neues - Offenheit für Notwendiges - Überzeugung, Zutrauen und Kraft für etwas, das nahe lag und doch nicht selbstverständlich, was "dran" war und zeitlich "reif". So z.B. Projekte im Rahmen von Gesundheitsförderung oder auch die Online-Beratung.

Diese Offenheit für Entwicklungen hat einerseits zu einer Themenvielfalt und einer differenzierten Beschäftigung geführt mit der Gewalt an Frauen mit Behinderungen, der Gewalt an Frauen mit Migrationshintergrund, Frauengesundheit, ASS (Anonyme Spurensicherung in Verbindung mit K.O.-Tropfen) und und und

Und andererseits gab und gibt es immer mehr und neue Anforderungen vom Ministerium. Zudem fordern "Runde Tische" auf lokaler und landesweiter Ebene sowie der "Landesaktionsplan Gewalt an Frauen" zusätzliches Engagement, Zeit und Arbeit. So braucht es in der Folge konsequenterweise eine Aufstockung der Fachkräfte in Frauenberatungsstellen, um mehr und weitere Angebote zu machen!

Wie hat die Arbeit in einem Frauenprojekt das Leben von Birgit geprägt? Ohne lange zu überlegen zählt sie auf: Impulse für das eigene Leben bekommen; Freundschaften in besonderer Qualität mit gemeinsamer Wellenlänge und wechselseitiger Stärkung; Auswirkungen auf den Blick und den Kontakt mit den eigenen Kindern und die Selbstverständlichkeit, Kindererziehung und Haushalt mit einem Mann/dem Ehemann zu teilen. So gab es eine Offenheit und Durchlässigkeit zwischen privatem und beruflichem leben.

Was waren besondere und wichtige Ereignisse für Birgit in den vielen Jahren?

Highlights waren z. B. die Anerkennung der Beratungsstelle und in der Folge die Landesförderung. Und Beratungsverläufe, in denen Frauen sich aus schwierigen Lebensphasen herausgearbeitet haben, ringen Birgit auch heute noch viel Respekt ab und Begeisterung darüber, wie kraftvoll Frauen sind.

Als besonderes Merkmal der Arbeit, das viel zum großen Erfolg der Frauenberatungsstelle beigetragen hat, ist das beständige Arbeiten zu nennen in einem Team mit wenig Personalwechsel.

Enttäuschend hingegen sind immer wieder die Gewaltverhältnisse, die Ausgangspunkt der Arbeit sind und die auch die konkreten Erfahrungen einschließen, dass einzelne Männer ihre Frauen umbringen.

Was wünscht Birgit dem Verein für die nächsten 10 Jahre?

Die finanzielle Sicherung aller Abteilungen, eine solide Basis und spannende Projekte! Dass es Nachwuchs gibt für die ehrenamtlichen Positionen und auch für die hauptamtliche Arbeit. Es gilt "würdige Erbinnen" zu finden, die wach bleiben, die Belange von Frauen in den Mittelpunkt stellen und gesellschaftliche Entwicklungen aufgreifen.

Birgit entwirft am Ende des Gesprächs einen spannenden Titel für einen Diskussionsabend: "Ehrenamtlich - sozialpolitisch - feministisch - heute" und lädt damit ein, Zusammenhänge neu zu denken und mit Leben zu füllen.

Wie möchte Birgit in Erinnerung bleiben?
Nur kurz überlegt sie, bevor sie sagt:

"Die Birgit war zuverlässig, beständig, zielstrebig, kreativ ...!"

Und welche Menschen können gegen Ende ihrer Berufstätigkeit von sich sagen: "Ich kann gut gehen - ich konnte so viele Impulse geben!"

Hut ab!

Zum Anfang...

„Themen und Ziele zu stecken, ohne bereits Antworten auf alles zu haben - das macht die Qualität unserer Arbeit aus.“

Magdalene Holthausen
ist seit dem 1.6.1995 in der Frauenberatungsstelle tätig. Als hauptamtliche Mitarbeiterin ist sie kein Vereinsmitglied.

Magdalene war im Jugendamt Bergisch Gladbach für den ASD tätig. Über Jahre arbeitete sie dort mit befristeten Zeitverträgen. Sie hatte fachlichen Kontakt zum Frauenzentrum Hexenkessel und zum Arbeitskreis 'Gegen sexualisierte Gewalt'. Interessiert an der Mitarbeit im Verein war sie schon früh, und als die (halbe) Stelle mit dem Schwerpunkt sexualisierte Gewalt frei wurde, war die Zeit für einen Arbeitsplatzwechsel gekommen.

Sie wollte zu diesem Thema arbeiten und vor allem gern mit erwachsenen Frauen, die "freiwillig" kommen und etwas für sich tun wollen. Im Unterschied dazu hatte sie die Arbeit im Jugendamt oft als "Feuerwehreinsatz" erlebt und als kontrollierend in Bezug auf den Schutz von Kindern.

Magdalene verfolgte in ihrer Arbeit das Ziel, "Ressourcen von Frauen zu heben", und war überzeugt davon, dass es reichlich davon gab - in jeder Frau.

Sie hatte Interesse an Beratungsarbeit und nahm teil an Weiterbildungen u. a. zum Thema "Traumatisierung durch sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen". Neben der Beratungsarbeit entwickelte sie gemeinsam mit Claudia Bundschuh ein Gruppenangebot für Frauen. Später erweiterte sie ihre Beratungsarbeit um Bildungsangebote zu den Themen sexualisierte Gewalt, häusliche Gewalt und Frauengesundheit. Und so konnte sich ihre angestellte Beratungstätigkeit mit der freiberuflichen Bildungsarbeit gut ergänzen und wechselseitig bereichern.

20 Jahre später: Sind ihre Ziele "von damals" erreicht?

Ja, das sind sie und mit ihnen eine ständige Weiterentwicklung auf fachlicher und auf persönlicher Ebene. "Ich hatte Möglichkeiten, mich zu entwickeln - über 'Versuch und Irrtum' Vertrauen zu erfahren in die eigenen Kräfte und Kompetenzen."

Was Magdalene gefunden hat, ohne es bewusst zu suchen, war die Bildungsarbeit als ein 'berufliches Standbein'. Die Anleitung von Studierenden macht ihr besonders viel Freude, und bei der Auswahl von Projektstudentinnen hat sie einen guten Blick und entscheidet sich stets für "die Richtigen".

Vielleicht war diese Erfahrung ein wesentlicher Antrieb für die Vision, eine Beratungsstelle für Mädchen zu eröffnen, in der sie mit Frauen der nächsten Generation gemeinsam arbeiten und ein neues Beratungsfeld anlegen" konnte.

In jedem Fall wurde Magdalenes unermüdlicher Einsatz für die Idee und auch die Finanzierung einer Mädchenberatungsstelle mit Erfolg gekrönt, als die dreijährige Förderung durch die Stiftung Aktion Mensch und andere Einrichtungen bewilligt wurde. So konnte in den Jahren 2010 bis 2013 die erste Mädchenberatungsstelle in Bergisch Gladbach mit hauptamtlichen Fachkräften aufgebaut werden.

Gern denkt Magdalene auch an Beratungsprozesse mit einzelnen Frauen zurück, die sie als große Geschenke erlebt hat, als schön, erfolgreich und bereichernd.

Was sind ihre Wünsche für die nächsten 10 Jahre des Vereins?

Dass der Verein lebendig bleibt, Weiterentwicklung auch weiterhin ein Qualitätsmerkmal ist und dass es genug Kraft für Visionen gibt. Eine davon ist, dass in der Mädchenberatungsstelle zwei Mitarbeiterinnen mit unbefristeten Verträgen arbeiten. Und für die Frauenberatungsstelle kann sie sich die Weiterführung der Geschäfte vorstellen und die gemeinsame Entwicklung von Frauen- und Mädchenberatungsstelle.

Wie möchte Magdalene in Erinnerung bleiben? Unmittelbar folgen die drei Eigenschaften: strukturiert - unterstützend - innovativ.

Noch zwei spannende Gedanken entrollen sich am Ende des Gesprächs. Magdalene weist darauf hin, dass ihre Arbeit mit Frauen - mit Klientinnen und mit Kolleginnen, mit offenen und verdeckten Themen im Frauenleben - dazu geführt hat, einen "guten Umgang mit sich selbst zu finden" - auch als Voraussetzung für die eigene Stabilität, Gesundheit und Freude an der persönlichen Entwicklung.

Der andere Faden durchzieht die gewachsene Struktur des Vereins, angefangen mit einem Frauenkommunikationszentrum zu einer Frauenberatungsstelle, über die Schutzwohnung für Frauen zu einem eigenen Frauenhaus bis hin zu einer Beratungsstelle für Mädchen und junge Frauen. Magdalene hat Interesse und Lust an der Diskussion struktureller Entwicklungen des gesamten Vereins mit seinen verschiedenen Abteilungen. Gibt es eine Identifikation mit dem 'Gesamtkonstrukt'? Wie profitieren die einzelnen Abteilungen voneinander? Und gibt es den Wunsch nach einer gemeinsamen Reflexion von fachlichen und politischen Haltungen - zur Mädchen- und Frauenarbeit und zum Kernthema aller drei Abteilungen, der Gewalt an Frauen und Mädchen?

Das "System", bestehend aus Frauenhaus, Frauenberatungsstelle und Mädchenberatungsstelle ist aus meiner Sicht ein echtes "Vorzeigeprojekt", das Bergisch-Gladbach-Modell sozusagen!

Hier konnte ganz viel gelingen. Jede Idee der Weiterentwicklung hatte ihre Zeit und gute Bedingungen, um zu wachsen und zu reifen.

Spannend bleibt, was die nächsten 10 Jahre hervorbringen, inhaltlich und personell für den Verein sowie für den fach- und frauenpolitischen Diskurs.

Und spannend bleibt auch, welche Antworten es auf Magdalenes Fragen geben wird.

Zum Anfang...

„Geschlechterthemen sind nach wie vor aktuelle gesellschaftliche Themen.“

Hannah Hartung,
Mitarbeiterin der Mädchenberatungsstelle und aktuell in Elternzeit, ist 1988 geboren und im Hunsrück aufgewachsen.

Sie hat Soziale Arbeit studiert und Psychosoziale Arbeit im Master-Studiengang abgeschlossen.

In ihrem Masterstudium hat sie während ihrer Projektzeit die Frauenberatungsstelle des Vereins kennengelernt und dort gearbeitet.

Während ich allen Gesprächspartnerinnen vergleichbare Fragen gestellt habe, verändern sich meine Fragen an Hannah und machen mir schon dadurch deutlich, dass sie nicht der Generation der Gründungsfrauen angehört, sondern der nächsten.

Schnell bin ich beeindruckt davon, wie viele Aspekte des Frau-Mutter-Tochter-Seins Hannah gleichzeitig in der Gegenwart verkörpert.

Sie ist Tochter einer Feministin und selbst vor kurzem Mutter geworden. Sie hat sich in der Frauenberatungsstelle als "symbolische Tochter" der Arbeit mit Frauen angenähert und in der Mädchenberatungsstelle als "symbolische Mutter" die fachliche Auseinandersetzung mit den Problemlagen von Mädchen und jungen Frauen weiterentwickelt. Das setzt Flexibilität voraus und die Fähigkeit, Rollen zu wechseln, was Hannah im Gespräch geradezu spielerisch gelingt.

Was hat Hannah gereizt an der Arbeit und den Aufgaben in der Mädchenberatungsstelle?

Geschlechterthemen sind für sie nach wie vor gesellschaftlich aktuelle Themen. Im Studium hat sie sich mit dem Thema Essstörungen beschäftigt und mit Frauenrechten in Familien. Sie interessiert sich sehr für Frauen- und Mädchenarbeit, auch wenn diese keine zentralen und an der Arbeitspraxis orientierten Themen in ihrem Studium waren. Was sie besonders herausfordert, sind die Ressourcen von Frauen und Mädchen - sie offen zu legen, bewusst zu machen und zu stärken.

Was hat sie zu dem Zeitpunkt ihrer Bewerbung über den Verein Frauen helfen Frauen gehört? Und wusste sie aus dem Studium, dass es Frauenprojekte und Frauenberatungsstellen als potentielle Arbeitgeberinnen gibt?

Hannah hatte noch nichts konkret über Frauenvereine und Frauen helfen Frauen - Organisationen gehört, sich aber für die Bewerbung umfassend informiert.

Während Frauengeschichte Thema im Studium war, hat sie vor allem über Netzwerke in Erfahrung gebracht, was die letzte Frauenbewegung in der Praxis bewirkt hat und welche konkreten Arbeitsfelder durch sie entstanden sind.

Welchen Mädchen ist Hannah in ihrer Beratungsarbeit begegnet? Mit welchen Fragen und Problemlagen von Mädchen hatte sie es zu tun?

Sie hat mit Mädchen und jungen Frauen gearbeitet, die folgende Themen "in ihrem Gepäck" hatten: Essstörungen, Gewalt, sexueller Missbrauch; Mobbing zwischen Mädchen, zwischen Jungen und Mädchen und Mobbing im Internet; verschiedene Probleme in Familien und in Beziehungen.

Hannah konnte sich sehr auf Lena Ueberbergs - ihre Vorgängerin und Mitarbeiterin der ersten Stunde - Arbeit beziehen und auf deren Erfahrungen zurückgreifen, um dann auch 'ihre eigenen Fäden zu ziehen'.

Hat sie die Mädchenberatungsstelle in Gremien vertreten und wie ist sie dort aufgenommen worden?

Hannah hat an unterschiedlichen Arbeitskreisen teilgenommen: am AK gegen sexuelle Gewalt, am AK Mädchen und junge Frauen sowie am AK Essstörungen.

Sie hat dort als junge Kollegin unterschiedliche Erfahrungen gemacht - zwischen Offenheit und Skepsis ihr gegenüber. Doch insgesamt hat sie gute, interessierte und unterstützende Rückmeldungen von FachkollegInnen und der Öffentlichkeit erhalten.

Manchmal hat sie Fragen gehört wie: "Was ist denn mit den Jungen?", "Gibt es auch eine Jungenberatungsstelle?" Und hier lebt ein Thema fort, an das sich nicht nur Conny erinnern wird, die bereits vor vielen Jahren Fragen nach einem Männerhaus beantworten sollte.

Welche Erfahrungen in der Mädchenberatungsstelle waren Hannah bislang besonders wichtig oder eindrücklich?

Sie benennt ihre Beratungsarbeit und wie sie diese entfalten und vertiefen konnte. Beeindruckend waren für sie viele Kontakte mit einzelnen Mädchen und ihren individuellen Lebensgeschichten.

In strahlende Augen schaue ich, als Hannah von ihrem Projekt an einer Schule in Kürten erzählt. An einer zusätzlichen "Freiwilligen Arbeitsgruppe" am Nachmittag nahmen 13- bis 14-jährige Mädchen teil, um Informationen zum Thema Essstörungen zu erhalten. Darüber hinaus hat Hannah mit den Mädchen daran gearbeitet, wie diese andere Mädchen informieren und beraten können rund um das Thema "Essen und Essstörungen". Peer to peer ist der Name für diese Art der pädagogischen Arbeit und für eine Haltung, die die Ideen von Mädchen und ihre Ressourcen ernst nimmt, fördert und sichtbar macht.

Zu diesem Projekt gibt es eine Dokumentation und einen Film, der an der Schule gezeigt worden ist. Ein tolles, innovatives und erfolgreiches Projekt!

Welche Wünsche hat Hannah für die Mädchenberatungsstelle in den nächsten Jahren? Spontan benennt sie die finanzielle Sicherheit der Mädchenberatungsstelle, mehr Kolleginnen, Arbeitsgruppen für junge Mädchen und gern mehr von diesen Projekten "peer to peer"!

Und an dieser Stelle schließt sich aus meiner Sicht ein Kreis oder berühren sich mehrere Kreise: Was vor 30 Jahren mit "Frauen helfen Frauen" begann, hat eine Entwicklung genommen über "Frauen helfen Mädchen" hin zu "Mädchen helfen Mädchen". Spannend ist doch die Frage: Was kommt jetzt?

Für ihre persönliche Situation sucht Hannah eine gute Balance zwischen Muttersein, berufstätig bleiben und der Aufmerksamkeit für das eigene Familienleben. Das Thema Elternarbeit könnte lauter werden - in der Zukunft der Beratungsstellen?!

Zum Anfang...